Vorwort
Wie ich meine Kindheit wahrnahm
Was ich mit diesem und zukünftigen Beiträgen unter anderem vermitteln möchte: Gib die Hoffnung niemals auf. Durchhalten und an sich arbeiten lohnt sich. Es gibt immer einen Weg und Veränderung braucht Zeit.
Diese Erzählung ist eine Wiedergabe meiner eigenen Empfindungen und ist somit rein subjektiv. Natürlich ist mir heutzutage bewusst, dass meine Eltern nur das Beste für mich wollten.
Vergangenheit
Familie
Ich wuchs in einer Familie auf, die wenig fördernd für meine Entwicklung war. Meine Mutter ordnete sich ihrem Mann unter und trat mir gegenüber ambivalent auf. Anstatt sich bei mir durchzusetzen, berichtete sie meinem Vater am Abend von den Eskapaden mit mir. Dieser vollzog dann ohne Umschweife sein Bedrohungs-, Beschimpfungs- oder Entwertungsritual. Ein häufiger Satz meiner Mutter um den Familienfrieden zu wahren war: “…aber erzähl das nicht Deinem Vater”.
Das Zepter schwang Selbiger, der jedoch sehr wenig präsent in der Familie war und lieber seinen eigenen Bedürfnissen nachging. Seine Aufmerksamkeit beschränkte sich meist darauf mir mit aller Macht zu zeigen, dass ich vorsätzlich etwas Falsches gemacht hatte. Zudem sei mir das egal und ich war an allem schuld, auch wenn ich etwas nicht war. Egal wie gut ich etwas gemacht hatte, war es weder ausreichend noch einer Würdigung/Anerkennung wert. Standardreaktion auf etwas, dass ich stolz war und berichtete oder präsentierte war: “nun spiel dich mal nicht so auf” oder “das ist jawohl keine große Leistung”. Lernen bestand darin, dass einmalig erklärt und anschließend verlangt wurde, dass ich es kann. Dabei sein und die Nähe meines Vaters genießen durfte ich meistens nur, wenn ich mich mit vor den Fernseher setzte. In seltenen Fällen war er bei Ausflügen dabei.
Körperliche Zuneigung gab es von beiden Seiten eher selten. Meine Bedürfnisse wurden wahlweise ignoriert, übergangen, für unwichtig oder unangemessen erklärt. Meine Eltern gingen aus, obwohl ich Angst hatte allein zu bleiben. Dafür gab es jedes Mal ein Geschenk und wenn ich krank war, saß niemand an meinem Bett. Es war immens wichtig nach Außen hin die Fassade der perfekten Familie aufrecht zu erhalten. Die Wohnung war immer blitzeblank. Gab es mal Auseinandersetzungen wurde ein glamouröses Lächeln aufgesetzt, sobald es an der Tür klingelte. Es folgte eine Oskarreife Vorstellung von Harmonie.
Negative Gefühle durften nicht und überwältigende Freude nur selten gelebt werden. Diskussionen wurden untersagt, da Meinungen von Kindern aufgrund der geringen Lebenserfahrung keinen Wert haben und etwas anderes als ein Erwachsener zu meinen galt als maßlose Frechheit. Mein Dasein sollte möglichst unauffällig und lautlos an die Bedürfnisse meiner Eltern, dem Umfeld und der gesellschaftlichen Norm angepasst sein.
Randnotiz
Natürlich gab es auch gute Ereignisse, Erlebnisse und Erfahrungen, doch nützten diese nicht allzu viel. Die Ungewissheit darüber, wann es mal wieder Ärger geben würde, saß mir immer im Nacken. Das Verhalten oder Reaktionen von Menschen war für mich nicht einschätzbar.
Das Umfeld
Während meiner Schulzeit fand ich ein ähnliches Ambiente vor. Lehrer waren Obrigkeiten, denen ich Folge zu leisten hatte und nicht widersprechen durfte. Auch braucht es keinerlei Erklärung warum ich etwas zu machen oder zu lassen habe. Es zählte nur Leistung, Leistung, Leistung und Individualität wurde geahndet. Jedes Kind hatte im gleichen Rhythmus zu funktionieren und Gerechtigkeit stand auch nicht auf der Tagesordnung. Ausgrenzung, Mobbing und Denunziantentum war unter Schülern die beliebteste Pausenbeschäftigung und kein Erwachsener/Lehrer scherte sich darum.
Später im Ausbildungsbetrieb und meinem ersten Arbeitsplatz stand ich machthungrigen und geltungssüchtigen Vorgesetzten gegenüber. Deren Lieblingsbeschäftigung war, ihre Zuarbeiter möglichst vor den anwesenden Kollegen vorzuführen oder im stillen Kämmerlein aggressiv einzuschüchtern, um sie klein und gehorsam zu halten.
Auswirkungen
Diese ganzen Jahre in einem toxischen Umfeld führten dazu, dass ich nicht lernte zu leben, sondern wie ich überleben kann. Mein Nervensystem befand sich dauerhaft im Stressmodus, was erwiesener maßen dazu führt, dass die Entwicklung beeinträchtigt wird. Unter Anderem führte dieser Zustand dazu, dass Emotionen abgespalten wurden, d.h. ich habe sie nicht mehr oder nur in abgeflachter Form empfunden und ich hatte keine Ahnung von meinen Bedürfnissen. Daher erlernte ich auch einen Beruf, der nicht zu mir passte und mich Jahre der Verzweiflung kostete.
Mit Ende 20 gründete ich mit fragwürdiger Intension eine eigene Familie. Dass ich zu der Zeit nicht in der Lage war eine Bindung einzugehen und für andere zu Sorgen, geschweige denn für mich selbst, war mir dabei nicht klar. So ergab es sich, dass ich mich 3 Monate nach der Geburt meines Kindes von dessen Vater trennte und hauptsächlich schädliche Beziehungen einging.
Durch die andauernde Überforderung und emotionalen Defizite erlebte ich ein paar Jahre später einen psychischen Zusammenbruch. 3 Jahre ging ich mit somatoformen Störungen wie Übelkeit sowie einem nervösen Verdauungstrakt und schweren Depressionen mit zeitweiser Bettlägerigkeit durch das Leben. 2 weitere Jahre vergingen, welche ich zur Stabilisierung benötigte.
Innerhalb dieser 5 Jahre konnte ich natürlich nicht die Defizite ausgleichen, welche in den ersten 30 Lebensjahren entstanden. Jedoch war ich nach dieser Zeit in der Lage mich in einem gesunden Maße weiterzuentwickeln. Mal abgesehen von 2 kleinen Ausrutschern wie Medien- und Kaufsucht zur negativen Gefühlskompensation. Ich machte Erfahrungen, die andere in einem weitaus früheren Alter durchleben.
Bis vor einem halben Jahr, habe ich die Rolle der Erwachsenen nur gespielt, jedoch nie gefühlt und war es emotional auch nicht.
Gegenwart
Leben 2.0
Was mir heute zugute kommt, sind meine zahlreichen alten Erlebnisse, welche ich mit den Heutigen abgleichen resp. verbinden und neu bewerten kann. Dies lässt mich in meiner Persönlichkeitsentwicklung deutlich schneller vorankommen. Auch fällt es mir leicht, mich in andere Personen hineinzuversetzen und ihre Gefühle nachzuvollziehen.
Themen, die mich derzeit noch beschäftigen sind: Verlassens Ängste, Loslassen, Emotionen ausleben, (Ur)Vertrauen. Doch dazu mehr in einem anderen Beitrag.
Derzeit befinde ich mich im geschätzten 1/3 meines Lebens und habe sowohl die vollumfängliche Eigenverantwortung sowie die Freiheit für mich entdeckt. Mein gelernter Beruf und der damit verbundene letzte Job sind endlich Geschichte.
Ich habe mich dazu entschieden diesen Blog über mein Leben zu schreiben, während ich diverse Aus- und Weiterbildungen für meine gefundene Berufung absolviere. Mein Ziel ist, dass Menschen die Hilfe und Entspannung in verschiedenen Bereichen des Lebens suchen diese auch bekommen, um nicht alles allein bewältigen zu müssen.
Schlusswort
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